App mit Konfliktpotential
Schulen und Lehrer bewerten, das kann man seit gestern via der App „Lernsieg“. Auch in Villach wird die App bereits genützt.
Benjamin Hadrigan ist 17 Jahre, kommt aus Wien und studiert – als außerordentlicher Student – an der Wirtschaftsuni der Bundeshauptstadt. Warum diese Infos wichtig sind? Hadrigan programmierte die App „Lernsieg“ mit derer man ab sofort Schulen und Lehrer in Österreich und Deutschland bewerten kann. Er sagt: „Mir geht es darum Schülern eine Stimme zu geben.“ Hadrigan sieht durch seine App auch die Möglichkeit einer „maßgeblichen Verbesserung des Schulsystems“.
Kritik
Nicht erst seit gestern – seit Freitag kann man die App kostenlos herunterladen – hagelt es jedoch Kritik bezüglich der Web-Applikation. Lehrergewerkschaft als auch Internetexperten sehen Datenschutzbestimmungen verletzt. Die Bewertung der Schulen ist dabei weniger ein datenschutzrechtliches Problem, wie die Bewertung der Lehrer. Diese sind in der App je Schule namentlich aufgelistet. Bewertet werden können die Lehrkräfte etwa in den Kategorien „Motivationsfähigkeit“, „Vorbereitung“, „Pünktlichkeit“ und „Fairness“. Schaut man sich die Bewertungen der Villacher Lehrer bis dato an, erreichen die meisten Lehrer zumindest drei Sterne (fünf Sterne ist quasi ein „Sehr gut“, Anm). In Oberösterreich gibt es jedoch bereits Pädagogen, die bei den Bewertungen schlecht bis sehr schlecht abschneiden. Bei „Motivationsfähigkeit“ gibt es hier etwa nur eineinhalb Punkte von fünf möglichen. Auch bei Thema „Geduld“ gehen die Schüler mit dem gleichen Lehrer harsch ins Gericht: 1,9 Punkte. Ein knappes Genügend also.
„Datenschutzrechtlich problematisch“
Der Villacher Internet-Experte Heiner Etzler zum Thema: „Ich kenne ähnliche Projekte, die nicht zur Umsetzung kamen. In Österreich und vor allem in Deutschland ist das datenschutzrechtlich problematisch. Selbst Internetgigant Google (Etzler arbeitete bei dem Unternehmen, Anm.) wird wegen schlechter Bewertungen regelmäßig verklagt. Die können sich die Anwälte aber leisten.“ Martin Krüger, der Anwalt des Programmierers, sieht dies freilich anders: „Man kann davon ausgehen, dass sie zulässig ist“, so Krüger gegenüber „DerStandard“.
Bildungsdirektor: „Nicht standardisiert“
Kärntens Bildungsdirektor Robert Klinglmair im Interview mit dem DRAUSTÄDTER: „Evaluierung ist wichtig, keine Frage. Diese Evaluierungssysteme gibt es im österreichischen Schulsystem jedoch bereits. Da stellt sich für mich die Frage, ob eine weitere Evaluierung von auswärts sinnvoll ist.“ Klinglmair weiter: „Auch sollte eine Evaluierung standardisiert sein und es muss klar sein, was mit dem Ergebnis gemacht wird, das sehe ich bei dieser App nicht. Etwaige dienstrechtliche Konsequenzen können nicht gezogen werden, nur weil es irgendwo im Internet steht.“ Ein Thema der Lernsieg-App sei laut dem Bildungsdirektor auch: „Man kann nicht sicherstellen, dass nur Schüler bewerten. Es wäre auch denkbar, dass Eltern oder sonstige Personen Lehrer und Schulen bewerten.“ Zudem sei das Alter laut Klinglmair ein ausschlaggebender Grund: „Auf der App können Schüler ab 10 Jahren ihre Schulen und Lehrer evaluieren. Das ist zu früh.“
In Villach
Während die Lernsieg-App in Großstädten wie Wien mit gewissen Startschwierigkeiten kämpft, findet sie in kleineren Kommunen rege Anwendung. In Villach etwa wurde die HTL bis Samstagmittag 44 mal bewertet und schnitt mit 3,4 von fünf Punkten zufriedenstellend ab. Das Lehrangebot wird mit vier Sternen bewertet, die Kantine kommt mit 2,4 Punkten weniger gut weg. Das Peraugymnasium wurde bis Samstagmittag 66 mal bewertet. Die Gesamtpunkteanzahl hier: 3,8. Das Centrum für Humanberufliche Studien (CHS) wurde bis Samstagmittag 31 mal bewertet und schafft eine Gesamtpunkteanzahl von 3,4.
Fotos: KRM/Helge Bauer
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